Fleisch
Ich höre immer wieder, dass es schwierig sei, ein Huhn zu schlachten, das einen
Namen hat. Das stimmt für mich nicht. Der Tod gehört zum Leben dazu, und da
hilft Wegschauen nicht. Es ist normal, dass ein anderes Wesen
entscheidet, wann ein Leben endet. Eine Katze frisst eine Maus, ein Huhn
frisst einen Wurm. Bei meinen Hühnern ist es meine Verantwortung zu
entscheiden, wann das Lebensende gekommen ist.
Manche Hühner aber haben bei uns auch lebenslanges Bleiberecht. Unsere Älteste
ist Hanni, eine der Zwerg-Wyandotten. Sie kam 2012 zu uns. Hanni kommt bestimmt nicht in den Topf,
sondern erhält mal ein Grab irgendwo unter einem Strauch.
Hanni (* 2012)
Normalerweise aber ist das natürlich nicht so. Bettina, meine liebe Frau, ist
Vegetarierin. Aber sie hat mal gesagt: "Wenn ich das hier mitkriege, dann könnte
ich mit gutem Gewissen wieder Fleisch essen. Aber ich bin schon zu lange
Vegetarierin."
Ich weiß nicht, warum Schlachten ein Tabu ist. Die meisten von uns essen Fleisch. Aber
man darf irgendwie nicht so recht darüber reden. Ich finde, das Schlachten gehört zum
Fleischessen dazu. Und deshalb will ich auch darüber schreiben (dürfen).
Viele betäuben das Huhn, bevor sie es töten. Das tue ich nicht. Ich lege das Huhn ganz
ruhig auf einen Baumstumpf und trenne den Kopf mit einem einzigen Schlag
einer sehr scharfen Axt vom Rumpf. Damit der Körper nicht reflexhaft
davonläuft oder in der Scheune herumflattert, lasse ich ihn in einem
Edelstahltrichter ausbluten.
Dann tunke ich das Huhn in heißes Wasser, damit die Haut ein klein wenig aufweicht.
Auf diese Weise lösen sich die Federn besser. Bei dieser Arbeit, dem Rupfen, habe ich noch nicht
so viel Übung, aber es geht immer besser.
Danach schneide ich unterhalb des Bürzels ein Loch in die Haut und von da aus einen Riss fast bis
zum Hals und hole vorsichtig die Innereien heraus. Das ist deshalb nicht ganz einfach, weil die
Galle nicht verletzt werden darf, denn ausgelaufene
Gallenflüssigkeit würde das ganze Hühnerfleisch verderben.
Das Fleisch dieser freilaufenden Hühner ist exzellent. Zwar muss man es lange - und
bei tiefen Temperaturen - braten, aber es ist richtig gutes Muskelfleisch.
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